2
dunkler. Da weinte das Kind und betete zum lieben Gott das
Gebetchen, welches es von seiner Mutter gelernt hatte. Und
alsbald sah es einen Hellen Stern über dem Walde aufgehen,
wo der Vater Herkommen mußte; und es sprach: „Ach schöner
Stern, leuchte doch meinem Vater, daß er den Weg' nach Hause
finde." Und der Stern leuchtete immer heller und kam immer
näher, und bald hörte das Kind seines Vaters Stimme und lief
ihm entgegen und küßte ihn.
3. Großmütterchen.
Groß Mütterchen sitzt im Lehnstuhl gebückt,
im Schoß gefaltet die Hände;
man sieht, daß der Jahre Last sie drückt,
sie denkt wohl ans Lebensende.
Der Schnee des Alters, das weiße Haar,
umrahmet Stirn und Wangen;
es sind ja mehr als siebenzig Jahr
darüb er hinweg g eg ang cn.
Das Auge, das sonst in lichtem Glanz
nur Lust und Freude verkündet,
ist jetzt umnachtet mtb fast ganz
seit Jahren schon erblindet.
Das Herz jedoch, das im Busen sie trügt,
das Herz ist dasselbe geblieben,
mit gleicher Wärme, wie sonst, es schlägt
für alle seine Lieben.
Es zieht mich hin, zu Füßen ihr
tnuß ich mich niederknieen,
mit Küssen bedecken die Hand, die mir
so unendlich viel Gutes verliehen.
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19
der die Kinder gewahr wurde, rief er: „Guten Abend, Kinder-
chen, was macht ihr so spät auf dem Felde?" Die Kinder waren
anfangs erschrocken: als sie aber sahen, daß der Mond freundlich
lächelte, faßten sie ein Herz und sprachen: „Ach, wir haben uns
verspätet, und nun finden wir den Weg nicht mehr zu unserer
Mutter, weil es Nacht ist." Und sie weinten so laut, daß es
den guten Mond rührte. Da sprach er zu ihnen: „Wenn ihr
das Haus wohl kennt, wo eure Mutter wohnt, so will ich euch
ein wenig leuchten, daß ihr den Weg findet." Und der Mond
leuchtete ihnen so helle, als wenn es wieder Tag geworden wäre,
und die Kinder faßten Mut und eilten, so viel sie konnten, und
fanden glücklich den Weg. Als sie vor der Hausthür standen,
sagten sie: „Schönen Dank, lieber Mond, daß du uns geleuchtet
hast!" Er antwortete: „Es ist gern geschehen. Aber eilt nun,
daß ihr zu eurer Mutter kommt; denn sie hat sich schon viel
um euch geängstigt."
33. Das Fünkchen.
(Curtirían.)
Das Kind hatte mit dem Fünkchen gespielt, obgleich seine
Mutter es schon oft verboten hatte. Da war das Fünkchen fort-
geflogen und hatte sich ins Stroh versteckt. Aber das Stroh
fing an zu brennen, und es entstand eine Flamme, ehe das Kind
daran dachte. Da wurde es dem Kind bange, und es lief fort,
ohne jemandem etwas von der Flamme zu sagen. Und da niemand
Wasser darauf schüttete, ging die Flamme nicht aus, sondern
breitete sich im ganzen Hause aus. Als sie an die Feustervor-
hänge kam, wurde sie ttodj größer, und das Bett, worin sie des
Nachts schliefen, brannte hell auf, und die Tische und die Stühle
und die Schränke und alles, was der Vater und die Mutter
hatten, das wurde vom Feuer gefaßt, und die Flamme wurde
so hoch wie der Kirchturm. Da schrieen alle Leute vor Schrecken,
die Soldaten trommelten, die Glocken läuteten; es war fürchter-
lich zu hören und die Flamme schrecklich zu sehen. Nun fing
man an zu löschen mit Wasser, das man in das Feuer schüttete
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34
er, sein Beet behalten zu haben; nur schämte er sich, es zu
sagen.
Wie es aber gegen "den Herbst kam, da wurde Christian
sogar sehr betrübt, wenn er das Beet ansah, das er verkauft
hatte. Welche schöne Erdbeeren standen daraus! Sie konnten für
den Vater öfters ein Tellerchen voll ablesen und ihm auf seine
Stube bringen und verkauften davon an die Mutter und gaben
sogar an Christian ganze Hände voll ab; und wenn Fremde da
waren und in den Garten kamen, so bewunderten sie die schönen
Erdbeeren und fragten, wer sie gewartet hätte, daß sie so spät
und noch so viel trügen.
Christian sah und hörte das alles sehr niedergeschlagen an.
„Christian ist so niedergeschlagen," sagte Luise zu Gottfried,
„wir wollen ihm sein Beet wiedergeben; wir können uns ja auf
unserem Beete Erdbeeren anlegen." Gottfried war es zufrieden,
und Christian erhielt sein Beet zurück.
Einige Wochen war die Freude Christians sehr groß, aber
Christian jätete nicht, er behackte seine Pflänzchen nicht, er begoß
sie nicht. Luise und Gottfried legten sich indessen auf ihren
Beeten neue Erdbeeren an.
Im folgenden Jahre stand Christian wieder sehr nieder-
geschlagen neben seinem Beete, wenn Gottfried und Luise von
den ihrigen schöne Beeren ablasen. Seine Pflänzchen standen
durstig und vertrocknet pnd fast vom Unkraute erstickt; und im
Herbste, als die Beete des Bruders und der Schwester am reich-
lichsten trugen, waren sie ganz ausgegangen.
54. Kind und Schwalbe.
(Hey.)
K. Schwälbchen, du liebes, nun bist bu ja
wieder von deiner Wandrung da.
Erzähle mir doch: Wer sagte dir,
daß es wieder Frühling würde hier?
S. Der liebe Gott im fernen Land,
der sagte mir's, der hat mich hergesandt.
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Extrahierte Personennamen: Christian Christian Christian Luise Gottfried Gottfried Christian Christians Christian Luise Gottfried Christian Gottfried K._Schwälbchen
76
126. Der lügenhafte Hirtenknabe.
(O. Schulz nach Schmid.)
Ein Hirtenknabe hatte sich das Lügen angewöhnt und meinte,
im Scherz dürfe man schon lügen. Oft rief er mit ängstlicher
Stimme: Ein Wolf! ein Wolf! Wenn dann die andern Hirten
zusammenliefen, lachte er sie aus, daß sie so leichtgläubig wären.
Eines Tages fiel wirklich ein Wolf in die Herde des Knaben
ein. Da rief er wie -sonst: Ein Wolf! ein Wolf! Aber die
Hirten dachten: Dich kennen wir schon! Darum eilte auch keiner
zu Hilfe, und der Wolf würgte ungestört in der Herde des
Knaben. Als der Knabe nachher darüber klagte, mußte er das
Sprüchlein hören:
Einem Lügner glaubt man nicht,
wenn er auch die Wahrheit spricht.
127. Ich mag nicht lügen.
(Schlez.)
Einem Knaben hatte jemand ein kleines Beil zum Spielen
gegeben. Daran hatte er seine große Freude und hieb damit,
wie es eben traf, und es traf manchmal hin, wo es nicht gut
war. Wie der Kleine mit dem Beile auf der Schulter auch in
den Garten kam, dachte er: „Nun will ich ein tüchtiger Holz-
hauer sein," und fing an und hieb seines Vaters schönstes Nuß-
bäumchen um.
Den andern Tag kam der Vater in den Garten, und als
er das schöne Bäumchen welk am Boden liegen sah, wurde er
betrübt und zornig. „Wer mir das gethan hat," rief er, „der
soll mir's schwer büßen!" Aber wer es gethan hatte, das wußte
kein Mensch außer einem; der stand gerade hinter der Hecke,
hörte, wie der Vater so zürnte, und wurde feuerrot. Es ist
schlimm! dachte er; aber wenn ich's verschwiege, so wär's eine
Lüge, und lügen mag ich nicht. So trat er denn schnell in den
Garten zum Vater und sagte: „Vater! ich habe das Bäumchen
umgehauen; es war dumm von mir." — Da sah der Vater
den Knaben an, und er machte wohl noch ein ernsthaftes Ge-
sicht; — aber er zürnte nicht mehr.
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77
Der kleine Knabe lebte in Amerika und wurde nachher ein
braver Mensch und dazu ein gewaltiger General, hat auch sein
Leben lang die Lüge gehaßt. Er hieß Georg Washington.
128. Fritz Ob erlin.
(Rothert.)
Fritz Oberlin, der zwölfjährige Sohn eines wackern Pro-
fessors in Straßburg, ging eines Tages über den Markt. Da
sah er, wie einige ungezogene Knaben einem Bauernweib ihren
Korb mit Eiern vom Kopfe stießen. Das Weib war trostlos.
Fritz sieht die Buben mit einem durchbohrenden, strafenden Blick
an, schilt ihre Unart mit dem ihm eigenen Mute tüchtig aus
und tröstet das weinende Weib. Dann bittet er sie, etwas zu
warten, inib läuft spornstreichs nach Hause zu seiner Sparbüchse,
die, wie er weiß, voll ist. Im Fluge kommt er zurück, schüttet
den ganzen Inhalt der Sparbüchse in die Schürze der über-
raschten Bäuerin aus und ist auch sogleich wieder fort, ohne
ihren Dank abzuwarten.
Ein andermal kam er auf dem Markte zu Straßburg an
der Bude einer Kleinhändlerin vorbei. Er sah, wie eine alte,
arme Frau vergeblich bemüht war, von dem Preise eines Klei-
dungsstücks, das sie notwendig brauchte, etwas abzuhandeln. Der
Alten fehlten noch einige Pfennige an der kleinen Summe, von
welcher die Trödlerin nicht abgehen kann und will. Mehr aber
hat nun einmal jene nicht, als sie bietet. Traurig geht sie wei-
ter. Da springt Fritz zu der Trödlerin hin, drückt ihr das noch
fehlende Geld in die Hand und sagt leise zu ihr: Rufet jetzt
die arme Frau zurück und lasset ihr den Rock! Darauf läuft er
davon.
129. Der Schmied.
(Curtman.)
Neben dem Hause meiner Eltern wohnte ein alter Schmied,
ein gar guter Mann, obgleich er schwarz im Gesicht aussah, so
daß manche Kinder sich vor ihm fürchteten. Ich fürchtete mich
aber nicht, sondern ging alle Tage zu ihm und sah ihm zu, wie
er in seiner Werkstatt arbeitete. Da zog er einen großen Blas-
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Extrahierte Personennamen: Georg_Washington Fritz Rothert Fritz_Oberlin Fritz Fritz
lief): „Schöllen Dank! Wenn ich zurückkomme, will ich es thun; jetzt bin
ich noch nicht müde." Darauf traf er die Maiblume an, die sprach:
„Komm zu mir und rieche meinen Duft!" Der Knabe ging hin, und weil
sie so lieblich roch, sprach er: „Maiblümchen, ich will dich mitnehmen zu
meiner Mutter." Und die Blume war es zufrieden. Nun erblickte er
die rote Erdbeere; die rief ihm auch zu: „Komm, pflücke mich, ich bin
reif." Da antwortete der Knabe: „Erdbeerchen, dich will ich meiner
Schwester mitnehmen." Und sie ließ sich gerne brechen. Zuletzt kam der
Knabe zu der Tollkirsche; die ries ihm auch zu: „Komm, iß mich, ich bin
reis." Der Knabe aber antwortete: „Ich will dich nicht essen, du siehst
mir giftig aus. Aber ich will dich abbrechen und meinem Vater zeigell,
der kennt dich besser als ich."
202. Die Kinder im Walde.
(Pocci.)
Es blieben einst drei Kinder stehn,
die grad zur Schule sollten gehn.
Sie dachten dies ulid dachten das,
das Lernen sei ein schlechter Spaß,
und sprachen dann mit leichtem Sinn:
Ei, laßt uns doch zum Walde hin!
Das Spielen ist der Tierlein Brauch,
laßt spielen uns mit ihnen auch.
Sie luden dann im Walde ein
zum Spiel die Tiere groß und klein.
Doch sprachen die: Es ist uns leid,
wir haben jetzo keine Zeit.
Der Käfer brummte: Das wär' schön,
wollt' ich mit euch so müßig gehn.
Ich muß aus Gras ein Brücklein bauen,
dem alten ist nicht mehr zu trauen.
Am Ameishaufen schlichen sie
ganz leis vorbei, ich weiß nicht wie,
und liefen vor dem Bienlein schier,
als wär' es gar ein giftig Tier.
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104
166. Die Kuh, das Pferd, das Schaf und der Hund.
(Zollikofer.)
Eine Kuh, ein Pferd und ein Schaf standen ans einer Weide zu-
sammen und stritten unter einander, welches dem Menschen nützlicher sei.
Die Kuh sprach: „Von mir hat er die süße Milch, deu wohlschmeckendeu
Käse und die fette Butter." — Das Pferd: „Ich ziehe deu schweren
Wagen des Herrn und eile mit leichtem Schritt dahin und trage den
Reiter mit Windeseile." — Das Schaf: „Ich gehe nackt und bloß, da-
mit mein Herr bekleidet sei." — Da kam der Hund zil ihnen. Den
blickten sie aber verächtlich von der Seite an, als wäre er ein gar un-
nützes Tier. Aber der Herr folgte alsbald hinten nach, ries dem Hunde
im freundlichsten Tone, streichelte und liebkoste ihn. Da dies die Kuh und
ihre Gefährten sahen, murrten sie, und das Pferd nahm sich ein Herz zu
fragen: „Warum thust du also, Gebieter? Verdienen wir nicht mehr deine
Liebe als dieses unnütze Tier?" — Aber der Herr streichelte seinen Hund
noch zärtlicher und sprach: „Nicht also. Dieser hat mein einziges geliebtes
Söhnchen kühn intb treu aus den rauschenden Wasserfluten gerettet. Wie
sollte ich nun seiner vergessen!"
167. Der kluge Landmann und fein Pferd.
(Schmid.)
Einem Bauersmanne wurde zu Nacht sein schönstes Pferd ans dem
Stalle gestohlen. Er reiste fünfzehn Stunden weit auf einen Pferdemarkt,
ein anderes zu kaufen.
Aber sieh, unter den seilen Pferden auf dem Markte erblickte er
auch sein Pferd. Er ergriff es sogleich bei dem Zügel und schrie laut:
„Der Gaul ist mein! Vor drei Tagen wurde er mir gestohlen."
Der Mann, der das Pferd feil hatte, sagte sehr höflich: „Ihr seid
unrecht daran, lieber Freund. Ich habe das Roß schon über ein Jahr.
Es ist nicht euer Roß, es sieht ihm nur gleich."
Der Bauer hielt dem Pferde geschwind mit beiden Händen die Augen
zu und rief: „Nun, wenn Ihr beti Gaul schon lange habt, so sagt: Ans
welchem Auge ist er blind?"
Der Mann, der das Pferd wirklich gestohlen, aber noch nicht so
genau betrachtet hatte, erschrak. Weil er indes doch etwas sagen mußte,
so sagte er aus Geratewohl: „Ans dem linken Auge."
„Ihr habt es nicht getroffen," sagte der Bauer, „ans dem linken
Auge ist das Tier nicht blind."
„Ach!" ries jetzt der Mann, „ich habe mich nur versprochen! Ans
dem rechten Auge ist es blind."
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143
Die Kinder freuten sich nicht eben so sehr ans das Essen, sondern
daraus, daß es gleich nach dem Essen fortgehen sollte anss Land. Hoch-
seld hatte dort einen Freund, welchen er mit seinen Kindern besuchen
wollte, und darum waren die Kinder vergnügt. Der Weg, der dahin
führte, war so schön, und die Kinder des Freundes so gefällig und so
gut.
Der Mittag kam. Alles sitzt bei Tische, und vor Freude essen sich die
Kleinen kaum satt. Sie denken an ihre kleinen Freunde aus dem Lande;
sie sinnen sich schon schöne Spiele aus, die sie spielen wollen, und sie
erwarten ungeduldig den Augenblick, wo der Vater ausstehen wird.
Ehe man anssteht, tritt der Briefträger ein und bringt ein großes
Pack Briese, welche der Vater mit ernstem Gesicht durchlieft.
„Kinder," sagt er, nachdem er die Briese gelesen hat, „ich bedaure
euch! Diese Briefe hier muß ich sogleich beantworten, und vor vier Uhr
werde ich damit nicht fertig. Ihr seht selbst, daß es dann zum Gehen
zu spät ist!"
Die freundlichen Gesichter der Kinder sind aus einmal verschwunden.
„O da ist's mit unserer Freude wieder nichts?" sagt Heinrich. — „Kön-
nen die Briese denn nicht bis morgen warten?" fragen Lotte, Henriette
und Muthe.
„Nicht gleich so niedergeschlagen," spricht der Vater — „die Freude
bleibt euch ja immer noch für einen andern Tag! Und für heute hab'
ich doch noch ein anderes Vergnügen für euch, sobald ich mit meinen
Briefen fertig sein werde."
Die Kinder hören kaum daraus; und aus dem Vergnügen, das ihnen
der Vater verspricht, scheinen sie sich wenig zu machen.
„So hübsch," sagen sie, „kann es doch lange nicht sein, als wenn
wir dorthin gegangen wären!" und fragen nicht einmal darnach, was für
ein Vergnügen es sei.
Der Vater geht aus seine Stube und schreibt die Briese.
2.
Bald nach vier Uhr kommt der Vater mit den versiegelten Briefen.
„Ich bin fertig," sagt er, „und wenn ihr wollt, so können wir ein wenig
in unsern Garten gehen!"
„I ja!" sprachen die Kinder ganz gleichgültig, und machteil sich fertig.
Sie waren lange nicht im Garten gewesen, denn er lag nicht dicht am
Hause, und doch war es ihnen heut so angenehm nicht als sonst, in den
Garten zu gehen — sie wären viel lieber ans dem Lande gewesen. Aber
wie sie in dem Garten waren, vergessen sie bald das Land.
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Extrahierte Personennamen: Heinrich Heinrich Lotte Henriette
— 152
„Minchen," sagte Karoline, „morgen ist Weihnachten, und da bringt
mir das Christkindlein viele, viele wunderschöne Sachen: Kleider und
Hüte und Spielzeug eine ganze Menge. Weißt du denn, was es dir
bringen wird?"
„Ach, mir wird es wohl nichts schenken," sagte Minchen traurig;
„mein Vater ist arm, und in unser kleines, dumpfes Stübchen kommt das
Christkind nicht. Wenn du und andere Kinder um beu Weihnachtsbaum
herumtanzen, aus dem so viele Lichter brennen, dann muß ich zu Hanse
in der dunkeln Stube sitzen und habe nichts, worüber ich niich freuen
konnte."
Minchen sah so traurig aus, daß Karoline recht Mitleiden mit ihr
hatte und sich heimlich vornahm, ihr eine Freude zu machen. Denn
Minchen war immer gut und freundlich und hatte Karoline lieb.
Als nun der Weihnachtsabend kam, wurde Karoline mit Gaben reich
beschenkt. Sie jubelte nnb tanzte und freute sich; aber in ihrer Freude
dachte sie doch an Minchen, die jetzt zu Hanse gewiß recht betrübt war.
Sie siel ihrer Mutter um den Hals und sagte: „Liebes Mütterchen, ich
habe heute so viele schöne Sachen bekommen, mehr als ich verdiene. Ich
danke dir herzlich dafür. Aber min habe ich noch eine große Bitte.
Minchen sagte mir gestern, sie wären so arm und das Christkind käme
nicht zu ihnen; erlaubst du mir wohl, daß ich ihr von meinen vielen
Geschenken etwas hinübertrage, damit sie sich auch ein wenig freuen
könne?"
„Gern, recht von Herzen gern erlaube ich es dir," sagte die Mutter
und küßte das gute Kind. „Suche dir aus, was du willst, und schenke
es Minchen."
Da nahm Karoline ein wunderschönes Kleidchen und eine niedliche
Mütze, legte beides in einen Korb, that noch Nüsse, Äpfel und Honig-
kuchen dazu und trug es selber Minchen hin. Ach, da hättet ihr die
Freude sehen sollen, die Minchen hatte! Sie war ganz unbeschreiblich.
Karoline aber ging fröhlich nach Hause und war noch nie so glücklich
gewesen wie heute.
237. Die vergoldeten Nüsse.
(Schmid.)
Am heiligen Weihnachtsabend standen einige Kinder vor dem Weih-
nachtsbanm. Die Zweige des immergrünen Tannenbaumes waren mit
schimmernden Lichtern und allerlei bunten Sachen herausgeputzt. Dem
kleinen Peter stachen besonders die vergoldeten Nüsse in die Augen, und
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Extrahierte Personennamen: Karoline Karoline Karoline Karoline Karoline Karoline Schmid Peter
155
241. Neujahrswunsch.
(Enslin.)
Ich hätte dir viel zil sagen,
o gute Mutter, heut;
ich wüßte dir viel zu wünschen,
was dich und mich erfreut!
Ja, könnt' ich es dir nur sagen,
wie's um das Herz mir ist!
Du weißt's ja aber viel besser,
wie teuer du mir bist!
Und wenn du mich immer liebest,
und ich lieb' immer dich, —
nichts Schöneres kann ich wünschen,
nichts Besseres für dich — und mich!
242. Neujahrswunsch.
(Bcetschneiders erstes Schuljahr.)
Ich bringe heut zum neuen Jahr
mein zärtlich Herz voll Liebe dar
und bitte: Liebet ferner mich
so wie bisher herzinniglich.
Gar gerne will ich euch erfren'n,
will fleißig, artig, folgsam sein.
Der treue Gott im Himmel dort
bescher' euch Gutes fort und fort.
243. Die vier Elemente.
(Schmid.)
„Ich will ein Gärtner werden,“ sagte Philipp, als er vierzehn
Jahre alt war und ein Handwerk lernen sollte. ,,Es ist schön, immer
unter grünen Kräutern und wohlriechenden Blumen zu leben!“ Allein
nach einiger Zeit kam er wieder nach Hause und klagte, er müsse
sich da immer zur Erde bücken und darauf herum kriechen; Rücken
und Kniee thäten ihm davon wehe und er habe die Gärtnerei auf-
gegeben.
Hierauf wollte Philipp ein Jäger werden. ,,Im grünen, schattigen
Walde,“ sagte er, „da ist’s ein herrliches Leben.“ Allein bald kam er
wieder und beschwerte sich, er könne früh vor Tag die freie Luft
nicht vertragen, die ihm bald feucht und nebelig, bald grimmig kalt
um die Nase wehe.
Es fiel ihm nun ein, ein Fischer zu werdeü. „Auf dem hellen,
klaren Flusse im leichten Schiff lein dahin fahren und, ohne einen
Fuss müde zu machen, Netze voll Fische aus dem Wasser zu ziehen,
das ist lustig!“ sagte er. Allein auch diese Freude war ihm bald
verleidet. ,,Das ist ein nasses Handwerk,“ sagte er, ,,das Wasser
ist mir ganz zuwider.“
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Extrahierte Personennamen: Enslin Gott Schmid Philipp Philipp Philipp Philipp